Vom Namen „Benjes“ ausgehend, hatte ich anfangs gedacht, dass es eine spezielle niederländische Methode wäre, auf irgendeine Art und Weise eine andersartige Hecke im Garten zu bekommen. Doch der Name kommt von dem Landschaftsgärtner Hermann Benjes (1937-2007), der in den 1980er Jahren diese Methode publik gemacht hat. Es war allerdings keine neue Idee: in der Landwirtschaft hatte man schon in früheren Zeiten durch Aufschichtungen von Gehölzschnitt Feldbegrenzungen zwischen Acker- und Weideflächen errichtet. In der sich stets verändernden Landwirtschaft war diese Art der Schnittgutverwendung jedoch immer mehr unpraktikabel geworden und deswegen in Vergessenheit geraten.
Unsere Überlegung, eine Benjeshecke, auch Totholzhecke genannt, zu errichten, hatte ihren indirekten Ursprung bei den Steinfurter Gartentagen 2024. Baumschulgärtner Reinhard Bertels hatte damals in seinem Vortrag „Gehölze im Klimawandel – Hausbäume und Heckenpflanzen“ auf Nachfrage bestätigt, dass man die meisten Heckenpflanzen auch mal kräftig zurückschneiden könne. Vor vielen Jahren hatte ich nämlich um meinen Komposthaufen eine Hainbuchenhecke angepflanzt und sie in den folgenden Jahren nur in der Breite beschnitten, um dort bequem arbeiten zu können. Die Höhe der Pflanzen hatte ich nicht weiter berücksichtigt, zumal die Hecke in den zu sonnigen Sommern dem Kompost einen angenehmen Schatten gebracht hatte. Doch bei näherem Betrachten war mir jetzt aufgefallen, dass die Hecke mittlerweile eine Höhe von rund sieben Metern erreicht hatte. Also habe ich im November (diesen Monat hatte mir Herr Bertels für den optimalen Schnittzeitpunkt empfohlen) die Bäume auf rund zwei Meter in der Höhe und auf rund einen Meter in der Breite brutal gekürzt.
Da wir deshalb innerhalb sehr kurzer Zeit einen enormen Anfall an Schnittgut hatten, mussten wir uns überlegen, wie wir diesen loswerden bzw. verarbeiten sollten. Die dünneren Zweige hatte ich schon mal von den dickeren Ästen und Stämmen geschnitten, um sie zu schreddern. Doch dann kam meine Frau Kirsten mit dem Thema Benjeshecke. Also: kein Mulchmaterial von Ästen und Zweigen, sondern Gartenumgestaltung und Lebensraumschaffung – warum nicht?! Zufällig sprachen wir in dieser Zeit mit unserem Nachbar Karl-Heinz, der gerade seine große Eibe kräftig gestutzt und dadurch ebenfalls eine Menge Schnittgut im Garten hatte. Schnell kamen wir auf das Thema Benjeshecke zu sprechen und als Folge davon hatten wir wenig später eine ordentliche Anhängerladung Eibenzweige neben unserem Haus liegen. Nun mussten wir aber wirklich mal in die Pötte kommen, um für Ordnung zu sorgen!
Als erstes musste Platz für die Benjeshecke geschaffen werden; dazu haben wir an einer sonnenverwöhnten Stelle uralte und arg verholzte Lavendelbüsche entfernt, die auf unserer vorgesehenen Fläche wuchsen. Das war schnell gemacht, da die Wurzeln im Boden bleiben konnten und nur die oberirdischen Teile abgeschnitten werden mussten. Wurzelunkräuter wie Brennnessel und Taubnessel haben wir allerdings mitsamt den Wurzeln gerodet, damit sie sich später nicht in der Totholzhecke breitmachen konnten.
Eine Benjeshecke besteht naturgemäß größtenteils aus Holz, somit hat natürlich das Thema Verrottung eine große Bedeutung. Deshalb haben wir uns entschieden, die senkrechten Haltepfosten nicht einzugraben, sondern diese Hölzer in metallene Balkenschuhe (Innenmaß: 7 x 7 cm) zu stecken, um sie später, wenn die Pfosten im Laufe der Jahre morsch geworden sind, problemlos austauschen zu können. Dadurch, dass diese Pfosten fest in der Metallhülse stecken, können sie auch besser dem Druck nach außen standhalten, der durch das Befüllen mit den Zweigen entsteht. Hätten wir die Pfosten lediglich eingegraben, hätten wir eine Verbindung (z.B. Draht) zwischen den gegenüberliegenden Pfosten anbringen müssen, um dieses Nach-außen-biegen zu verhindern. Solch eine Zwischenverbindung macht das Befüllen der Hecke aber wahrlich nicht einfacher. Mit diesen in den Boden getriebenen Balkenschuhen konnten wir zudem rasch die Fläche abstecken, auf der jetzt eine Totholzhecke aufgeschichtet werden sollte: 60 cm breit, rund 5 m lang bei einem Pfostenabstand von jeweils 1,20 m. Von den abgesägten Hainbuchenstämmen schnitten wir passende Stücke (Länge ca. 1 m) ab und steckten sie in die Balkenschuhe. So hatten wir zum einen etliche der Hainbuchenstämme „entsorgt“ und gleichzeitig der Hecke ein naturgemäßes Aussehen verpasst. Festgeschraubt haben wir sie nicht – die dazwischen geschichteten Zweige werden sicherlich für genügend Halt sorgen.
Und schon konnten wir mit der Befüllung beginnen. Als erste Schicht kamen dickere Aststücke auf den Boden, um Hohlräume für zum Beispiel Erdkröten zu schaffen, die dann als Dank unsere Schnecken dezimieren sollten. Auch dem Igel boten wir mit Hohlräumen einladende Stellen an. Auf diese dickeren Äste kamen immer im Wechsel Hainbuchen- und Eibenzweige – gut ineinandergesteckt, damit auch Windstöße dem Geflecht nichts anhaben können. Ein schöner Nebeneffekt dabei: durch diese verschiedenen Holzarten, Holzdicken und Zersetzungsstadien bieten wir verschiedenen Tieren die für sie passenden Lebensräume an. Angedrückt haben wir dieses Holz lediglich mit den Händen. Wären wir mit unserem vollen Körpergewicht darüber gelaufen, um die Masse stark zusammenzupressen und dadurch möglichst viel Schnittgut unterbringen zu können, würden die notwendigen Zwischenräume fehlen, in denen Vögel ihre Niststellen einrichten könnten. Durch diese lockere Aufschichtung hatte die Benjeshecke natürlich nicht so viel Volumen, um unser sämtliches Schnittgut aufzunehmen. So blieb zum Schluss noch genügend übrig, um meinen geliebten Schredder zum Einsatz kommen zu lassen und wir neben der Benjeshecke noch zusätzliches Mulchmaterial bekamen. Die restlichen Stammstücke haben wir als momentane Oberschicht verwendet, um zum einen für mehr Stabilität zu sorgen und zum anderen den Spechten, wenn sich holzfressende Bewohner irgendwann dort eingenistet hätten, was zum Hämmern und Futtern zu geben. Das Erstaunliche: ein Tag Gartenarbeit hatte genügt, die Totholzhecke zu schaffen.
Frisch nach der Fertigstellung sieht sie jetzt wegen der Eibenzweige noch grün aus. Wenn die Verrottung fortschreitet und sie im Laufe der Zeit braun wird und die Zweigmasse in sich zusammenfällt, werden wir sie laufend mit dem Schnittgut unserer Johannisbeer-, Haselnuss-, Flieder- und anderer Sträucher füttern können. Auch Zweige und Äste von Robinie, Stachelbeere oder Rosen werden wir dort unterbringen können – die Dornen und Stacheln sorgen nämlich für mehr Stabilität innerhalb der Hecke sowie für mehr Schutz für die Vögel. Solche bewehrten Zweige kommen allerdings nur an jene Stellen, an denen wir nicht entlanglaufen.
Die Möglichkeit, einzelne Zweige senkrecht in die Hecke zu stecken und sie zudem tief in den Boden zu versenken, damit sie Wurzeln bekommen und die Totholzhecke natürlich begrünen, haben wir (noch) nicht genutzt, da wir an der Stelle argen Sandboden haben und das Anwachsen der Steckhölzer mehr als ungewiss wäre. Aber wer weiß…
Um einen weiteren Lebensraum zu schaffen, haben wir an dieser Benjeshecke einen Stein- und Tonscherbenhaufen aufgestapelt; so konnten wir zum einen unsere durch Frosteinwirkung zerborstenen Pflanzkübel und zum anderen die in einer Ecke nutzlos gelagerten Pflastersteine umweltfreundlich „entsorgen“. Hin und wieder sehen wir nämlich Zauneidechsen, die sich auch dort sicherlich wohlfühlen könnten. Vielleicht finden auch andere Tiere zwischen den im Sommer sonnenerwärmten Steinen ihren Unterschlupf zumal sich auch unser Sandarium (für die im Boden lebenden Insekten) an die Benjeshecke anschließt.
Jetzt sind wir gespannt, wie sich dieses neue Gebilde in unserem Garten entwickeln wird. Eine unserer ganz großen Hoffnungen ist, dass sich jetzt die seltene Holzbiene bei uns blicken lassen wird – Holz ist schließlich genügend da. Sicherlich werden wir aufpassen müssen, dass die durch Vogelkot angesiedelten Brombeer- und sonstige ungewollten Pflanzen umgehend entfernt werden, damit dieses neue Biotop nicht einseitig besiedelt und unsere Pflegearbeit dadurch behindert wird. Garten bedeutet nun einmal Veränderung, Beobachtung und gegebenenfalls Eingreifen. Werden wir in der Praxis das erleben, was die Theorie angepriesen hat? Wird also tatsächlich aus einer toten Hecke durch die intensive Besiedelung durch Tiere, Pflanzen und Pilze quasi eine lebendige Hecke?
Ein Versuch war es auf jeden Fall wert!
Text und Bilder: Manfred Kotters