In meinem Garten-Tagebuch von 2002 konnte ich nachlesen, wann ich meinen Wein gepflanzt habe: „Wein „Boskoop Glory“ von den Steinfurter Gartentagen mitgebracht“. Schon zwei Jahre später gab mir die Pflanze ein paar Trauben zum Probieren. Da jedoch sofort einige Amseln meinten, partout miternten zu müssen, habe ich mir überlegt, die Trauben irgendwie zu schützen. Ein Netz? Als ich mir jedoch vorstellte, jedes Mal für eine kleine Teilernte das Netz zu öffnen, darunter zu kriechen, die Beeren abzuschneiden und das Netz wieder sorgfältig zu befestigen, suchte ich nach einer praktikableren Lösung. Diese sah ich darin, die einzelnen Fruchtstände zu schützen, so dass die Erntearbeit lediglich im Abschneiden der Traube bestand. Und so wurde meine Frau Teil der Lösung; denn sie hatte noch Gardinenreste aus Kunststoff (wetterbeständiger als Naturstoff), aus denen sie kleine Säckchen nähte, die oben zugezogen werden konnten. So konnte ich bereits im August 2005 die Trauben „einsacken“. Es funktionierte einwandfrei: während sämtliche freihängende Trauben bereits im halbreifen Zustand in den Mägen von Vögeln und Wespen landeten, waren die verpackten Früchte völlig ohne Fraßschäden. Der dünne Stoff behinderte auch in keiner Weise die Reifung der Trauben.
Auf die Idee, die Trauben derart zu schützen, kamen im Laufe der Zeit auch die professionellen Hersteller von Gartenzubehör. Da meine Erfahrungen hin und wieder hier in dieser Gartenzeitschrift zu lesen sind, war die Firma „Anlaufs Fruchtschutz GmbH“ anscheinend auf mich aufmerksam geworden und stellte mir einen Teil ihrer Produkte zum Testen zur Verfügung. Nun war ich natürlich gespannt, ob die Beutel meiner Frau noch zu toppen waren. Ein Unterschied war sofort augenfällig: die Beutel waren nicht weiß, sondern unauffällig hellgrün und auch das Format war nicht einheitlich, sondern reichte von 23 x 15cm bis zu 3m x 3m. Da boten sich mir viele Möglichkeiten, die Produkte an den verschiedensten Objekten auszuprobieren.
Los ging’s am 3. Juni. Da ich den Ehrgeiz hatte, alles Mögliche zu schützen, kamen drei von den kleinen Beuteln um die ersten Nüsse meines vor zwei Jahren gepflanzten Haselnussstrauches „Nottinghams Fruchtbare“. Schließlich wollte ich die erste Ernte nicht verpassen. Fazit: Es klappte sogar besser als erwartet: nicht nur der Haselnussbohrer, der für die Maden in den Nüssen verantwortlich ist, war chancenlos, sondern auch bei der späteren Ernte profitierte ich von der Umhüllung: die aus dem Fruchtstand gefallenen Nüsse lagen wohlbehütet unten in den Beuteln und ersparten mir das Suchen im Gras. Noch ist dieser Strauch klein und die Nüsse gut erreichbar; bildet er dagegen im Laufe der Zeit seine Nüsse in luftiger Höhe, bekommen sicherlich nur noch die unteren solch einen Schutz.
Ein paar Tage später, Mitte Juni, kam der Großformat-Beutel 2m x 2m an die Reihe. Nun spielte ich Christo und verpackte einen kompletten Johannisbeerstrauch. Da er einige tiefhängende Zweige hatte, habe ich diese vor der Aktion hochgebunden, um das Überstülpen zu vereinfachen. Meine Erfahrungen dabei: alleine geht’s – zu zweit geht’s besser. Wie bei den kleinen Beuteln, haben auch die großen die Möglichkeit, die Öffnung mittels einer Schnur zu verschließen, um den potentiellen Mitessern das Eindringen so gut wie unmöglich zu machen. Auch hier: voller Erfolg; sämtliche Beeren konnten ungestört reifen und gelangten ausnahmslos auf unseren Tisch. Das mehrfache Ernten gestaltete sich zudem problemlos, da das Organza-Material extrem gleitfähig ist und super über Blätter und Zweige rutschte, wenn ich den Fruchtschutz für die Ernte kurzzeitig hochgezogen habe. Hierbei hätte ich mir allerdings gewünscht, dass der Großbeutel nicht zwei-, sondern dreidimensional gearbeitet wäre, also quasi einen Boden mit Seitenwänden gehabt hätte, was das Handling noch weiter vereinfacht hätte. Da das Material etliche Jahre halten soll, werde ich mit diesem Großformat-Beutel auch zukünftig den kompletten Strauch alljährlich einpacken.
Den Versuch mit den Stachelbeeren habe ich vorsichtshalber abgebrochen, da schnell klar wurde, dass die spitzen Pflanzenteile den Stoff beim Über- und Abziehen zu leicht beschädigt hätten und der Schutzeffekt nur noch eingeschränkt funktioniert hätte.
Wenn man diese großen Beutel verwendet, sollte man sicherheitshalber daran denken, dass so eingepackte Sträucher, ebenso wie kleine Baumkronen, durch das Gewebe dem Wind eine größere Angriffsfläche bieten als eine offene Pflanze. Schon mein stammloser Johannisbeerstrauch schwankte bei heftigem Wind arg hin und her. Aus diesem Grunde würde ich nur Bäume und Sträucher einpacken, die an windgeschützten Orten wachsen oder sehr standfest sind.
Mittlerweile war es Ende Juli. Die Trauben begannen, sich blau zu färben; das hieß: der Großeinsatz der Beutel stand auf dem Plan. Nun kam der direkte Vergleich. Zuerst stülpte ich die selbstproduzierten Beutel über die Trauben. Mit dem an der Öffnung durchgezogenen Faden konnte ich die Beutel verschließen; dann musste ich einen Knoten und eine Schleife machen, um später bei der Ernte den Schutz durch das Ziehen an den Fadenenden rasch öffnen zu können. Die Anlaufs-Schutzbeutel waren ähnlich konstruiert: überziehen, Faden strammziehen und – fertig. Kein Knoten, keine Schleife – aber trotzdem ein sicherer Verschluss. Beim Ernten musste ich lediglich den Beutel am oberen Ende auseinanderziehen – fertig. Das ging also wesentlich schneller als bisher. Da meine Beutel weiß sind und die Weinrebe deshalb immer wie ein Adventskalender aussah, waren die so eingepackten Trauben immer rasch zu finden.

Die gekauften Beutel hingegen sind moosgrün (bekommen aber durch die Sonneneinstrahlung im Laufe der Zeit einen Gelbstich) und deshalb gut getarnt. So musste ich gegen Ende der Ernte detektivisch Zweig für Zweig absuchen, ob ich nicht doch einen Beutel übersehen hatte. An dem Tag habe ich auch meine Früchte der Birne „Condo“ eingepackt; denn hier gibt’s immer wieder ungewollte tierische Mitesser. Da der kleine Baum gerade mal 1,50m hoch und die Anzahl der Birnen gering ist, war das schnell erledigt.
Da die Amseln durch die Winterfütterung mit Äpfeln gelernt haben, dass dieses Obst recht schmackhaft ist, habe ich regelmäßig erheblichen Pick-Schaden an meinem „Gloster“-Apfel, der mit seiner herrlich roten Farbe etwas Leckeres verspricht. Sind die Äpfel aber erst mal beschädigt, kommen auch rasch die Wespen und vergrößern die Fraßstellen. Auch hier schütze ich alljährlich die Ernte mit den Fruchtbeuteln. Da die Traubenernte parallel zur Reife der Äpfel abläuft, kann ich immer die „geernteten“ Beutel von den Trauben direkt zum Apfelbaum bringen. Jetzt kamen mir die verschiedenen Größen der Anlaufs-Schutzbeutel zugute: mit den kleinen Säckchen (23 x 15cm und 20 x 30cm) packte ich Einzelfrüchte ein und den etwas größeren (40x30cm) die Doppelfrüchte und mit den noch größeren (100x60cm) sogar ganze Astpartien, wobei die Breite 60cm etwas hinderlich war, so dass 30-40cm Breite um einiges praktischer gewesen wäre. Interessant sind auch die „Röhren“, die an zwei Seiten geöffnet sind, so dass man einzelne Astpartien schützen kann, auch wenn die Früchte etwas weiter von der Zweigspitze entfernt sind. Man streift sie einfach soweit man möchte über den betreffenden Astabschnitt und zieht die Verschlussbänder an beiden Seiten zu. Hiermit kann man Kirschen, Pflaumen und anderes Obst wirkungsvoll astweise gegen Vogel- und Insektenbefall schützen. Ich habe beim Äpfel-Einpacken immer sehr sorgfältig geprüft, ob die Schale rundum keine Verletzung aufwies; denn der kleinste Schaden kann der Ausgangspunkt für den Verderb der gesamten Frucht sein. Dabei ist es vorteilhaft, dass der dünne Organzastoff sogar in den Herbstmonaten schnell abtrocknet, so dass die Pilzsporen nicht ständig das für sie optimale Feuchtklima in den Beuteln vorfinden.
Obwohl im Herbst das Erntejahr vorüber war, haben die Beutel mir sogar jetzt noch geholfen. Da Äpfel bis minus 5 Grad Celsius (wann haben wir das in den jetzigen Wintern überhaupt noch?) ohne Schaden vertragen, lagere ich sie zumeist draußen. Hier bleiben sie durch die Luftbewegungen trocken und die niedrigen Temperaturen (wir haben keinen kalten Keller) halten sie lange frisch – zumal „Gloster“ ein Lagerapfel ist. Doch auch nach der Ernte wissen die Amseln rasch, wo sie was Essbares finden können und picken die Lageräpfel an. Das klappt aber nicht mehr, seit ich sie, bevor ich sie in die Lagerkiste lege, vorsichtig in einen großen Organzabeutel stecke. Im kommenden Winter werde ich die so verpackten Äpfel versuchsweise bei Temperaturen unter minus 5 Grad (falls der Winter mitspielt) draußen lassen – vielleicht bieten die Beutel ja einen zusätzlichen Frostschutz.
Mein Fazit: obwohl die von meiner Frau selbstgenähten Beutel guten Schutz bieten, haben die gekauften doch so einige Vorteile, was ich nun allerdings vorsichtig meiner Frau beibringen muss…