Im Sinne des Integrierten Pflanzenschutzes und mit der zunehmenden Forderung, die Anwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln weiter zu reduzieren, können Grundstoffe einen wichtigen Beitrag zur Gesunderhaltung von Pflanzen leisten. Hierbei handelt es sich um Stoffe, die nicht vordergründig für den Pflanzenschutz verwendet werden, aber dafür nützlich sind. Diese neue Stoffkategorie wurde 2009 in der EU eingeführt (VO (EG) 1107/2009), aktuell umfasst sie 26 Stoffe und Gemische. Viele Grundstoffe erfüllen die
Kriterien eines Lebensmittels (z.B. Bier, Essig, Kuhmilch, Molke, Sonnenblumenöl). Eine Genehmigung als Grundstoff erfolgt nur, wenn er keine schädigende Wirkung auf Mensch, Tier oder Umwelt hat. Grundstoffe sind unbedenklich und eine gute Alternative, wenn sie entsprechend der vorliegenden EU-Genehmigung (Indikation) angewendet werden. Das heißt, die Vorgaben zu Kulturpflanze, Schaderreger, Anwendungsbereich, Anwendungsart, Zeitpunkt, Konzentration, Aufwandmenge, Wassermenge, Anzahl Anwendungen, Spritzabstand, Wartezeit usw. sind verpflichtend, siehe Grundstoffdatenbank:
Kuhmilch und Molke besitzen antimikrobielle und antivirale Eigenschaften, das heißt sie können gegen Echte Mehltaupilze und verschiedene Viren sowie zur Desinfektion (Schnittwerkzeuge, Handschuhfingerspitzen) in bestimmten Kulturen eingesetzt werden (siehe Tabelle 1 und 2). Mit Kuhmilch und Molke werden Echte Mehltaupilze nicht nur direkt bekämpft, es werden auch antagonistische („gute“) Mikroorganismen auf dem Blatt gefördert. Eine besondere Rolle spielen die Inhaltsstoffe (z.B. Lactoferrin, Lactoperoxidase, Lactose, Milchfette), speziell der Proteingehalt. Kuhmilch wurde als Rohmilch mit einem Proteingehalt von mindestens 3,5 % genehmigt. Das Molkenpulver sollte einen Proteingehalt von mindestens 80 % aufweisen. Für Molke wird neben der direkten, fungiziden Wirkung, die Bildung freier Radikale (auch mithilfe der Sonneneinstrahlung) als weiterer Wirkmechanismus diskutiert. Deswegen die Molke-Blattspritzungen bei Sonnenschein, bevorzugt morgens durchführen.
In weltweit durchgeführten Versuchen wurde die Wirksamkeit von Kuhmilch gegenüber verschiedenen Mehltaupilzen bestätigt. In Australien wird Kuhmilch seit vielen Jahren erfolgreich gegen Echten Mehltau an Weinreben eingesetzt. Die Wirksamkeit von Molke zur Kontrolle von Mehltaupilzen wird seit mehr als 20 Jahren untersucht. Für eine gute Wirkung muss die Behandlung mit Kuhmilch oder Molke aber vorbeugend erfolgen, d.h. bevor erste Symptome sichtbar werden.
Zubereitung: Für die Blattspritzung Kuhmilch mit Wasser verdünnen, je nach Kultur unterschiedlich hohe Milchmengen in jeweils 1 l Wasser ansetzen (siehe Tabelle 1). Zur Desinfektion wird Kuhmilch unverdünnt verwendet. Zur Herstellung der Molke werden 60 bis 80 g Molkenpulver in 1 l Wasser gelöst. Für die Blattspritzung wird diese Mischung dann weiter verdünnt (siehe Tabelle 2). Hier die kultur-spezifischen Wasseraufwandmengen beachten. Zur Desinfektion 50 g Molkenpulver in 1 l Wasser auflösen und diese hergestellte Molke dann unverdünnt verwenden. Molke schnell verbrauchen und nicht in Metallgefäßen lagern.
Beachten: Kuhmilch enthält Lactose und Milcheiweiß, die Allergien bzw. Nahrungsmittelunverträglichkeiten auslösen können, deswegen ist eine Anwendung nur vor der Ausbildung von Früchten erlaubt. Auch Molke kann Allergien bzw. Nahrungsmittelunverträglichkeiten auslösen. Sie darf nur eingesetzt werden, wenn noch keine Blüten geöffnet oder Früchte vorhanden sind. Behandelte Weinblätter sind nicht zum Verzehr geeignet.
Quelle: Landwirtschaftskammer NRW, Pflanzenschutz Spezial Haus- und Kleingarten K24_06 vom 19.04.2024